Als Analyst von Walmart habe ich in den letzten Jahren viele
Höhen und Tiefen der Aktie erlebt. Der heutige Ausverkauf mit Veröffentlichung
der Q4 und 2017er Jahreszahlen markiert einen weiteren Tiefpunkt.
Dabei lief es zuletzt gar nicht mal schlecht mit der Aktie.
Sie konnte mit dem Gesamtmarkt im vierten Quartal stetig neue All-Zeit-Hochs
markieren.
Hintergrund dieser erfreulichen Entwicklung war wohl, dass
Walmart mit seinen Online initiativen Erfolg zu haben schien und Amazon als dominierender Online Händler Paroli bieten konnte.
Die Wachstumsraten schienen ähnlich gut
wie beim großen Wettbewerber obwohl Amazon mit einem mehr als 10 mal so großen
Umsatz schon uneinholbar schien. Was ist nun passiert?
Schwache Gewinnprognosen, Online Expansion belastet
Das Management von Walmart veröffentlichte seine EPS-Prognosen
für das Geschäftsjahr 2019. Diese lagen zwischen 4,75 US-Dollar und 5 US-Dollar
pro Aktie; zu wenig nach Ansicht der Märkte. Analysten schätzten einen etwas
niedrigeren Wert, woraufhin die Aktie abgestraft wurde. Die Konsensschätzung
lag bei 5,13 USD.
Ein Hauptauslöser für den Ausverkauf lag jedoch in dem der
Rückgang der Online Wachstumsraten. Der Einzelhändler verzeichnete ein
E-Commerce-Umsatzwachstum im vierten Quartal von 23%, verglichen mit 50% im
dritten Quartal und 29% im Vorjahr. Aber das Wachstum sollte nach Aussagen des
Managements in diesem Jahr wieder auf 40% ansteigen.
Die Zahlen wirken enttäuschend, besonders wenn man sieht,
dass Amazon im vierten Quartal deutlich stärker gewachsen ist. Es scheint nach
wie vor so, als wenn der klassische Einzelhandel keine Lösung gegen das Monster
Amazon gefunden hat.
Das Wachstum auf vergleichbarer Fläche ist gut und zeigt die starke Dominanz von Walmart im Heimatmarkt USA
Die vergleichbaren Verkäufe je Fläche (Same Store Sales) wuchsen
im vierten Quartal um 2,6%. Aus meiner Sicht ist dieser Wert sehr gut. Bedenkt
man weiter, dass dies der 14. Anstieg im großen US-Markt in Folge war, so
verdeutlicht es die Stärke von Walmart’s Marktposition. Was ist also der Grund
für den tiefen Ausverkauf?
Aus meiner Sicht gibt
es drei wesentliche Gründe:
- Eine hohe Bewertung, die nicht durch höheres Wachstum gestützt
wird
- Verlangsamendes und nicht beschleunigendes Online Wachstum
- Die E-Commerce Expansion kostet Geld und drückt den Gewinn
Ich denke, der jüngste Anstieg des Aktienkurses von 70 Dollar
auf rund 100 USD im Jahr 2017 wurde von der Hoffnung getrieben, dass Walmart
ein Konzept gegen Amazon hat und sein eigenes Geschäft zu einem schnell
wachsenden Multi-Channel System ausbauen könnte.
Diese Hoffnungen wurden mit dem aktuellen Bericht des
vierten Quartals zunichte gemacht. Aber bedeutet es, dass Walmart in den
nächsten Jahren kein wunderbares Online-Einzelhandelsgeschäft aufbauen kann?
Definitiv nicht!
Für eine langsam wachsende Aktie wie Walmart, die den Umsatz
in den letzten 10 Jahren um rund 30% gesteigert hat, ist das KGV zu
hoch. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Gewinne nahezu gar nicht gewachsen
sind. Der Gewinndruck durch die Online Expansion wirkt dabei zusätzlich belastend. Dieser kann auch als Grund gesehen werden warum Walmart die Dividende nur um rund 2% erhöht hat.
Fazit
Die Kapitalmarktteilnehmer sind sehr kurzfristig orientiert
und auf beliebte Anlagethemen und Strategien fokussiert. Da die fundamentalen Zahlen eine
klare Sprache sprechen zieht dies Spekulanten an, die auf einen sich verstärkenden
Trend setzen.
Im konkreten Fall bedeutet es, dass man Walmart leerverkauft und
Amazon im Gegenzug Long geht. Das Resultat: Amazon hat ein KGV von 100 und
Walmart ein erwartetes von 19.
Dass solche Strategien auch mal kurzfristig ins Auge gehen
können, haben wir bei den Short-Attacken gegen die großen Shopping-Mall Betreiber
gesehen.
Zu einem langfristigen Verschwinden der klassischen Einzelhandelsmodelle,
wie es jetzt ausgemalt wird, muss es nicht kommen. Denken Sie doch mal nach: Niemand
verlässt in Zukunft mehr das Haus um Shoppen zu gehen.
Ich denke nicht, dass
dies passieren wird. Mit Sicherheit wird mehr Online gekauft aber Ich glaube,
die Zukunft ist eine Mischung aus beiden Geschäftsmodellen. Es ist einer Art
Multi-Channel System. Amazon kaufte bereits Whole Foods als Ergebnis dieser
Idee. Ohne physische Geschäfte wird man kein zukünftiger Spieler im
Einzelhandel sein.
Die heutigen Zahlen von Walmart bieten Investoren nach wie
vor kein großes Wachstum im gesamten Geschäftsmodell. Im Gegenteil hat sich
gezeigt, dass die Expansion ins Onlinegeschäft sehr teuer wird und die Gewinne
belastet.
Dennoch sollte man bedenken, dass die Zahlen nicht so
schlecht sind, wie der Ausverkauf vermuten lässt. Wenn die Anleger die
Bewertung für zu hoch halten, sollten sie ein paar Chips vom Tisch nehmen. Das steht ihnen zu, zumal die Bewertung bei steigenden Zinsen wenig Fantasie für Kurssteigerungen bietet. Walmart
bleibt aber immer noch eine solide Wahl im Einzelhandel und bietet zusammen mit Aktienrückkäufen und Dividenden eine Aktionärsrendite von über 5%.